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Von SHIT zu Science: Wie ein Texaner die Bodenanalyse revolutionierte

„Entdecke, was dein Boden über dich erzählt – ein revolutionärer Test, der neues Leben in die Erde bringt“
19. April 2025 durch
Von SHIT zu Science: Wie ein Texaner die Bodenanalyse revolutionierte
Carbofarm Kft., Stefan FÖLSER

🌿 Der Haney-Test, wie ein Texaner den Boden zum Sprechen bringt

Rick Haney war nicht immer Bodenforscher im weißen Laborkittel. Bevor er zum USDA kam, arbeitete er auf einer Ranch, war selbst Farmer und promovierte in Soil Microbiology. Nach seiner Zeit beim USDA arbeitet er heute unabhängig als Berater und Sprecher für regenerative Landwirtschaft, unter anderem in Zusammenarbeit mit Organisationen wie Soil Regen und Regen Ag Lab. Diese Bodenverbundenheit brachte ihn dazu, ein Analysewerkzeug zu entwickeln, das sich am echten Leben orientiert. Heute ist er nicht mehr beim USDA, sondern arbeitet unabhängig, berät Farmer direkt und spricht regelmäßig auf Konferenzen über regenerative Landwirtschaft. Der Haney-Test, den er entwickelt hat, geht er weit über klassische Bodenanalysen hinaus. Statt sich auf chemische Werte zu beschränken, macht er das Bodenleben messbar – und zeigt, wie aktiv, hungrig und produktiv dein Acker wirklich ist.

🤔 Was genau ist der Haney-Test?

Traditionelle Bodenanalysen konzentrieren sich oft rein auf chemische Komponenten, vernachlässigen aber das lebendige Ökosystem im Boden. Dr. Haney wollte mehr. Er entwickelte einen Test, der chemische, physikalische und biologische Eigenschaften des Bodens kombiniert und so ein ganzheitliches Bild der Bodengesundheit zeichnet.

🧪 Was misst der Haney-Test genau?

Bevor wir auf die Messgrößen schauen, ist ein kurzer Vergleich der verwendeten Extraktionsmethoden wichtig. Denn hier liegt einer der zentralen Unterschiede zu herkömmlichen Bodenanalysen.

🔍 H3A vs. Mehlich III – die Extraktionsfrage

Der Haney-Test nutzt den sogenannten H3A-Extrakt, bestehend aus drei schwachen organischen Säuren: Zitronensäure, Milchsäure und Essigsäure. Diese Säuren ahmen pflanzliche Wurzelexsudate nach und lösen jene Nährstoffe aus dem Boden, die Mikroben und Pflanzen tatsächlich zur Verfügung stehen – also biologisch relevant sind.

Im Gegensatz dazu verwendet der weitverbreitete Mehlich III-Extrakt aggressive Substanzen wie Ammoniumfluorid, EDTA und Salzsäure, um so viele Nährstoffe wie möglich chemisch zu extrahieren – unabhängig davon, ob sie unter natürlichen Bedingungen überhaupt pflanzenverfügbar wären.

Fazit: Der Haney-Test liefert ein ökologisch realistisches Bild der tatsächlichen Nährstoffverfügbarkeit – statt nur ein chemisches Potenzial wie bei Mehlich III.

Der Haney-Test verbindet biologische, chemische und ökologische Parameter, um ein realistisches Bild vom Leben und Nährstoffdynamik im Boden zu zeichnen. Er nutzt ausschließlich Wasser und schwache organische Säuren (H3A-Extrakt), um jene Nährstoffe zu extrahieren, die tatsächlich für Pflanzen und Mikroben verfügbar sind – keine aggressiven Laborchemikalien, sondern ein praxisnaher Ansatz, der sich stärker an der Realität im Feld orientiert.

Hier die wichtigsten Messgrößen im Überblick – und was sie bedeuten:

  • Soil Respiration (Bodenatmung): Zeigt, wie viel CO₂ Bodenmikroben innerhalb von 24 Stunden nach einer Befeuchtung freisetzen – also wie lebendig und aktiv dein Boden ist.

  • WEOC (wasserlöslicher organischer Kohlenstoff): „Schnell verfügbares Futter“ für Mikroorganismen. Je höher, desto besser – sofern im Gleichgewicht mit Stickstoff.

  • WEON (wasserlöslicher organischer Stickstoff): Zeigt, wie viel organischer Stickstoff Mikroben zur Verfügung steht – die „Eiweißversorgung“ des Bodenlebens.

  • %MAC (mikrobiell aktiver Kohlenstoff): Zeigt, wie viel vom WEOC auch wirklich umgesetzt wird. Zwischen 50–75 % ist optimal.

  • C:N-Verhältnis (WEOC zu WEON): Die Balance von Energie zu Nährstoff. Optimal ist 10:1 bis 12:1. Zu viel C? Wenig Umsetzung. Zu viel N? Keine Energie für den Prozess.

  • Verhältnis organischer zu anorganischer N: Spiegelt wider, ob dein Boden langfristig auf Biologie setzt – oder ob du (zu) viel Mineraldünger gibst. Ziel: >5.

  • Organische N-Freisetzung: Dieser Wert zeigt an, wie viel Stickstoff dein Boden aus eigener Kraft verfügbar machen kann – ganz ohne Dünger.

  • Organischer N-Reserve: Der Rest vom WEON nach dem N-Credit – je größer, desto robuster dein Boden.

📈 Der Haney Soil Health Score erklärt

Der „Soil Health Score“ ist ein zusammengesetzter Wert aus Bodenatmung, WEOC und WEON. Er reicht von 0 bis 50. Die meisten Böden erreichen nicht mehr als 30. Ein Wert über 7 ist gut – aber was „gut“ bedeutet, hängt vom Standort und Management ab:

  • <7: Schwaches Bodenleben, geringe mikrobielle Aktivität

  • 7–14: Gute biologische Aktivität, Verbesserungen möglich

  • >14: Sehr gute biologische Funktion, oft in humusreichem oder dauerhaft begrüntem Boden

Wichtig: Ein Wert von 10 in einem trockenen Klimaraum wie New Mexico kann mehr bedeuten als ein 14er-Wert in Mitteleuropa. Immer den Standortkontext mitdenken!

🌱 Warum wurde der Haney-Test entwickelt?

Dr. Haney erkannte früh, dass ein gesunder Boden der Schlüssel zu nachhaltiger Landwirtschaft ist. Herkömmliche Tests waren nicht ausreichend, um die komplexe Biologie des Bodens zu erfassen. Sein Ziel war es, ein Werkzeug zu entwickeln, das nicht nur Dünger spart, sondern Landwirten ermöglicht, ihren Boden langfristig zu verbessern und gleichzeitig nachhaltiger und profitabler zu wirtschaften.


🧠 Praktischer Nutzen für Landwirte

Der Haney-Test ist nicht nur ein Diagnoseinstrument, sondern ein Entscheidungstool für die tägliche Betriebsführung. Er schafft die Grundlage für klügere, effizientere und regenerativere Entscheidungen. Ein Überblick über die konkreten Anwendungen:

  • Detailliertes Stickstoffmanagement durch Berücksichtigung von organisch gebundenem Stickstoff. Anders als klassische Tests liefert der Haney-Test realistische N-Kredite aus biologischer Aktivität – das spart Dünger und reduziert Umweltbelastung.

  • Effizientere Düngestrategien dank der Kombination von verfügbaren und potenziell freisetzbaren Nährstoffen. Das heißt: Du weißt nicht nur, was gerade im Boden ist – sondern auch, was dein Boden bald liefern wird.

  • Managementempfehlungen für Zwischenfrüchte und Fruchtfolgen, abgestimmt auf biologische Aktivität und C:N-Verhältnis. So kannst du gezielt mikrobielle Prozesse fördern – z. B. mit Leguminosen zur N-Versorgung oder Gräsern zur Kohlenstoffstabilisierung.

  • Verständliche Rankings und Handlungshinweise: Durch die Einteilung in Stufen (z. B. bei Bodenatmung, C:N-Ratio, MAC%) bekommst du klare Leitplanken zur Bewertung und Entwicklung deiner Flächen.

  • Resilienzbewertung und Fortschrittsmessung: Du kannst über Jahre hinweg sehen, wie sich dein Boden durch Managementmaßnahmen verändert. Gerade in stressreichen Klimajahren erkennt man schnell, welche Flächen robuster geworden sind.

  • Betriebsvergleiche und Benchmarking: Weil der Score regional vergleichbar ist, kannst du deine Felder ins Verhältnis zu Nachbarbetrieben setzen – das schafft Transparenz und Motivation zur Verbesserung.

🔥 Die Bodenbiologie ist wie ein Lagerfeuer

Haney vergleicht den Boden gerne mit einem Lagerfeuer: Wer es aufbaut, braucht das richtige Verhältnis von Anzündholz (C), Brennstoff (C/N) und Sauerstoff (Mikrobenaktivität). Zu viel Stroh (C) ohne Eiweiß (N) – und nichts passiert. Zu viel Stickstoff, aber kein Carbon – und der Grill bleibt kalt. Die perfekte Balance entfacht ein heißes, effizientes Feuer: dein fruchtbarer Boden.

😂 Ein wenig Humor zum Abschluss

Ursprünglich hatte Dr. Haney mit dem Gedanken gespielt, den Test „Soil Health Integration Tool“ zu nennen – abgekürzt „SHIT“. Vermutlich hätte dieser Name zwar für großes Interesse gesorgt, aber vielleicht nicht ganz den seriösen Ton getroffen, den ein USDA-Wissenschaftler sich vorstellt.

💡 Fazit

Der Haney-Test bringt uns näher an eine Landwirtschaft, die mit und nicht gegen die Natur arbeitet. Er ermöglicht nicht nur Einsparungen bei Düngemitteln, sondern fördert auch langfristig gesündere Böden, bessere Ernten und nachhaltigere Produktionsmethoden.

Inzwischen ist der Haney-Test ein unverzichtbares Instrument für jeden Landwirt, der es ernst meint mit der Gesundheit seines Bodens.


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